Joint Venture
Der Joint Venture ist das strategische Organ von Jegi-hilft und setzt sich aus folgenden Vertretern zusammen
- politische Gemeinde Jegenstorf
- reformierte Kirchgemeinde Jegenstorf-Urtenen
- katholische Kirchgemeinde St. Franziskus Zollikofen
Diese einfache Gesellschaft…
… versteht sich als Bindeglied zwischen der Gemeinde, den Kirchgemeinden und der Bevölkerung von Jegenstorf und Umgebung
… legt eine gemeinsame Strategie im Bereich der Freiwilligenarbeit für Menschen mit unterschiedlichem Unterstützungsbedarf fest
… fördert den Kontakt unter den Freiwilligen und zu Jegi-hilft
… initiiert und unterstützt Zusammenarbeitsmodelle mit anderen Organisationen, z.B. kirchliche Kontaktstelle für Flüchtlingsfragen (KKF), Schweizerisches Rotes Kreuz.
Mitglieder sind:
- Lydia Baumgartner
- Hans Wenger, Kurt Bienz
- Norbert Graf, Peter Heiri
Koordinationsgruppe
Die Koordinationsgruppe…
… ist das operative Leitungsgremium von Jegi-hilft,
… setzt die vom Joint Venture entworfene Angebotsstrategie um,
… fördert und wirkt verbindend zwischen dem Joint Venture (vertikal) und den verschiedenen Angeboten (horizontal).
Mitglieder sind:
- Kurt Bienz – Leitung
- Norbert Graf – Schreibdienst, Lernfoyer Mathematik
- Daniel Keller – Lernfoyer Deutsch
- Karin Völlinger – Kaffee VIVA
Pressebeiträge
Zu Besuch im Lernfoyer
Dieser Beitrag erschien im Jegenstorfer 2/2024
Zu Besuch im Lernfoyer
Das Lernfoyer ist eine Dienstleistung von Jegi-hilft (www.jegi-hilft.ch). Jeweils am Montag von 19.30 bis 21 Uhr – oder nach Vereinbarung – treffen sich Fremdsprachige mit Freiwilligen im Kirchgemeindehaus in Jegenstorf.
Um aufzuzeigen wie wichtig diese Dienstleitung ist, beanworten einige Freiwillige sowie Teilnehmer am Lernfoyer ein paar Fragen im Interview.
Was motiviert dich als Freiwillige beim Lernfoyer zu helfen ?
Therese:«Tu, wo du bist, was du kannst, mit dem, was du hast. (Theodore Roosewelt)
Als die Heilsarmee 2016 ein Flüchtlingszentrum für 100 geflüchtete Menschen in Jegenstorf eröffnete, wollte ich mich sehr gerne für die Geflüchteten engagieren. So gründeten einige Leute das Lernfoyer Deutsch, das bis heute besteht.
Ich hatte schon immer Interesse an fremden Ländern und Kulturen. So ist es mir eine grosse Freude, mit Mitmenschen aus anderen Kulturen hier in Jegenstorf in Kontakt zu kommen und sie beim Erlernen der deutschen Sprache zu unterstützen. Als ausgebildete Heilpädagogin macht mir auch das Unterrichten in dieser Heterogenität immer wieder viel Spass.
Uschi : Ich bin infolge des Ukraine Krieges zu Jegi Hilft gestossen. Mein Einsatz war als Helferin im Deutschunterricht für UkrainerInner. Nach einem Jahr Deutschunterricht waren die zu Unterrichtenden soweit, dass sie ab Sommer 2023 an der Volkshochschule im A2 einsteigen konnten. Das war schon sehr motivierend auch in der Folge im Deutschunterricht weiterzumachen.
Seit Sommer 2023 treffen Lesley und ich Yuliia mehr oder weniger regelmässig zum Austausch und für die Aufgabenhilfe.
Im 2023 wurde ich angefragt ob ich mich auch im Schreibdienst engagieren würde. Nach 2x Schnuppern bin ich dort 1x im Monat im Einsatz.
Gertrud : Als die Welle der Geflüchteten aus der Ukraine bei uns ankam, war mir als ehemalige Lehrerin sofort klar, dass ich meine Hilfe beim Deutschlernen anbieten wollte. So habe ich während längerer Zeit hier im Rahmen von «jegi- hilft» Deutschunterricht erteilt. Dabei wurde ich kräftig von Helferinnen und Helfern unterstützt. Es ging dabei wirklich um Grundbegriffe der deutschen Sprache. Dabei aber entstand natürlich auch Nähe zu den Menschen, und die persönlichen Nöte und Fragen der Einzelnen haben uns mehr und mehr betroffen und engagiert.
Es konnten immer wieder auch ganz praktische Lösungen gefunden werden.
Ich bin beeindruckt über die grosse Hilfsbereitschaft, die da zum Tragen kommt!
Daniel : Die Sprache zu kennen ist Grundanforderung an alle Asylsuchenden, um in der Schweiz integriert werden zu können. Hier zu unterstützen ist für mich eine grosse Motivation.
Die Lernenden sind sehr dankbar.
Man kann unmittelbare Hilfe anbieten, welche die Teilnehmer sofort anwenden können.
Welche Herausforderung(en) gehen mit dieser Tätigkeit einher ?
Therese : Es braucht viel Einfühlungsvermögen, herauszufinden, was die Bedürfnisse der einzelnen Leute sind und was ihnen dient. Der soziokulturelle sowie der Bildungshintergrund, das Lerntempo und die Lernstrategien sowie die Wünsche sind sehr unterschiedlich. Einige Migrant:innen möchten Hilfe bei den Hausaufgaben aus den besuchten Deutschkursen oder der Berufsschule, andere möchten ihre Deutschkenntnisse erweitern, neuen Wortschatz aufbauen oder Grammatik vertiefen. Wer regelmässig das Lernfoyer besucht, erhält möglichst eine Eins-zu-eins Betreuung und bei Bedarf auch ein passendes Lehrbuch.
Für die meisten Leute ist es ein grosses Bedürfnis, ihre erworbenen Deutschkenntnisse anwenden zu können und sich über die unterschiedlichsten Themen mit uns auszutauschen: Schweizer Kultur, Bräuche und Sitten, Arbeits- und Wohnungssuche, Arzt und Zahnartbesuche, Freizeitmöglichkeiten, Familie, Kinder, Schule, Sorgen und Belastendes…
Es ist dann unsere persönliche Entscheidung, wie weit unsere Freiwilligenarbeit gehen soll und in welchen Bereichen wir zusätzliche Unterstützung anbieten können.
Uschi : Die sprachliche Hürde ist schon die grösste Herausforderung. Im Januar 2023 habe ich den Deutschunterricht «one to one» mit einer Frau aus Angola aufgenommen. Neben der Sprache ist auch der kulturelle und schulische Unterschied ungewohnt.
Gertrud: Am Allerwichtigsten scheint für mich, dass diese Menschen erleben, dass sie nicht allein gelassen sind, dass sie ein offenes Ohr finden und dass sie immer mehr integriert werden. Mittlerweile besuchen jetzt diese Ukrainerinnen weiterführende Sprachkurse in Bern und sind mehrheitlich selbständig.
Daniel: Die Anzahl der Besuchenden und die Anzahl der anwesenden Freiwilligen stimmen häufig nicht überein. Man muss flexibel sein und kann nicht immer mit denselben Besuchenden arbeiten.
Grammatikalische Fragen sind manchmal schwierig zu beantworten. Uns ist die deutsche Sprache in die Wiege gelegt, die Lernenden müssen Deutsch-Regeln haben um die Sprache erfassen zu können.
Kannst du den einen oder anderen Teilnehmer über längere Zeit begleiten und dessen Fortschritte mitverfolgen ?
Therese: Ja, das ist für mich sehr schön, wenn ich Leute längere Zeit begleiten, sie näher kennenlernen und ihre persönlichen Erfolge miterleben kann.
Uschi: Mit Yuliia und Karina bin ich seit Frühling 2022 in Kontakt. Es ist schön zu sehen wo diese zwei Frauen heute stehen. Sie selber sind sehr aktiv und meistern ihre Herausforderung mit der Flucht aus der Ukraine, ihre Aufgaben als Mütter und die Aufgabe eine neue Sprache zu lernen, hervorragend. Man darf nicht vergessen, dass neben all dem diese Frauen noch ihren Rucksack mit den Sorgen an die Daheimgebliebenen mittragen.
Gertrud: Regelmässig begleite ich momentan noch eine Person im Einzelunterricht.
Daniel: Ich übernehme häufig Teilnehmer, deren Tandem-Partner gerade nicht anwesend sind. Da bin ich froh, wenn die Teilnehmer ihre Schulunterlagen mitbringen. Wenn nicht, haben wir eigene Unterlagen, welche helfen.
Die fremdsprachigen Teilnehmenden standen auch für einige Fragen zur Verfügung. Das Gespräch mit ihnen zeigt einige wichtige Aspekte.
Azeb: Das Lernfoyer ist einfach SUPER, Ich komme aus Norwegen und spreche norwegisch, englisch und italienisch. Dies mag ein wenig helfen beim Erlernen der deutschen Sprache Jedoch kann ich keinen Deutschkurs besuchen denn ich kümmere mich um meine Kinder. Und ich musste auf NULL beginnen mit der deutschen Sprache, ich konnte kein einziges Wort. Ich bin den Mithelfenden im Lernfoyer unendlich dankbar! Alle sind immer so freundlich und hilfsbereit!
Natalia: ich spreche nur russisch und ukrainisch, keine westliche Sprache und es ist daher schwieriger, die deutsche Sprache zu erlernen. Im Lernfoyer lerne ich eine Freiwillige Helferin kennen, ich fasse Vertrauen zu ihr und habe nach und nach immer weniger Hemmungen zu sprechen. In einer Klasse würde ich kein Wort sagen, ich wäre zu sehr gehemmt!
Ahmad: Das Lernfoyer hilft mir mich zu integrieren. Wir machen auch Hausaufgaben zusammen. Die deutsche Sprache ist sehr schwierig, vor allem zu Beginn hatte ich sehr Mühe damit. Hier sind alle sehr nett und hilfsbereit, ich komme gerne ins Lernfoyer
Daniel: zur Ergänzung: Das Lernfoyer ist kein Deutschkurs. Wir unterstützen die Teilnehmer dort, wo sie sich gerade befinden im Lernprozess. Wir sprechen miteinander, üben Grammatik, wir können stufengerecht auf jeden Teilnehmenden eingehen. Man muss übrigens nicht eine ausgebildete Lehrperson sein um im Lernfoyer zu helfen.
Natalias Bemerkung, dass sie Vertrauen fassen kann, zeigt einen wichtigen Aspekt auf, den man oft übersieht: um in einer unbekannten Sprache zu sprechen, sich darin zu üben, muss Vertrauen aufgebaut werden damit die lernende Person ungehemmt sprechen kann!
Brücken schlagen
Dieser Beitrag erschien im Jegenstorfer 1/2024
Am 25. November fand im Kirchgemeindehaus Jegenstorf ein Seminar zum Thema Transkulturelle Kompetenzen statt. Gut 20 Teilnehmende lauschten gespannt der von Jegi-hilft eingeladenen Referentin und Tagungsleiterin Isabelle M. Derungs, Weiterbildungsverantwortliche bei der Schweizerischen Flüchtlingshilfe. «Um Brücken zu schlagen, muss man sich kennen», hielt sie einleitend fest. Aber wir neigen dazu, uns den eigenen Vorstellungen, Denkmustern und Voreingenommenheiten zu bedienen, wenn uns weniger Bekanntes begegnet. So gab sie uns vor, aus Nordsibirien zu stammen und zum Volk der Enzen zu gehören. Dieses kenne wohl niemand, deshalb gebe es keine Assoziationen. Aber wenn sie uns schon am Anfang gesagt hätte, dass sie aus dem Mekongdelta nach dem Vietnamkrieges geflüchtet sei, beginne das Kopfkino bereits zu laufen. «Zuhören ist wichtig», betont sie. Dies gerade ausserhalb unserer Komfortzonen und gegenüber uns weniger vertrauten Kulturen, wie sie uns bei Asylsuchenden begegnen.
Vertraut sein und werden
Fast spielerisch wurde ausgelotet, was unsere Kultur ausmacht, welche Bräuche, Sitten und Rituale uns prägen. Welche Moral- und Wertevorstellungen uns wichtig sind, wie und wann wir unserem Gegenüber Wertschätzung entgegenbringen. Und wo wir unseren Ich-bezogenen Individualismus hochhalten. Der Kollektivismus hat bei uns an Bedeutung verloren, ist aber bei anderen Völkern unverzichtbar, sei es die Ehre der Familiensippe oder der Gehorsam gegenüber dem Staat. Am Beispiel des Eisberges machte Derungs deutlich, dass wir oft nur den kleineren Teil des Verhaltens von fremdländischen Gästen auch wirklich sehen und verstehen. Oft machten diese für uns nicht nachvollziehbare Aussagen, die wir manchmal sogar als unehrlich empfinden. Am Beispiel der Maslov-Pyramide zeigte sie auf, dass es zuerst um die Grundbedürfnisse, also genügend Essen, ein Dach über dem Kopf und eine Grundsicherheit geht. Man solle sich mal auf die andere Seite stellen und sich vorzustellen versuchen, was uns in einem uns fremden Land als erstes wichtig wäre. Eines sei sicher: «Wir wachsen an und mit Schwierigkeiten. Auch wenn wir meinen, unser Gegenüber gut zu kennen, in seine Tiefe können wir dennoch nicht blicken.»
Freiwillig, nicht müssen
«Freiwillig arbeiten ist kein Müssen», betonte Derungs. Doch wie gelingt ein verständnisvolles Miteinander? Aktives zuhören und Interesse zeigen, Fragen stellen und nicht alles klären müssen, sei eines. Aber auch erklären, weshalb etwas für mich wichtig ist, weshalb ich etwas tue oder auch nicht. Sich gegenseitig achten, akzeptieren und verstehen wollen. Um den Erwartungen gerecht zu werden oder nicht gar auszubrennen, muss ich definieren, was und wie viel ich tun will. Es sei klug, einen Anker zu setzen, damit man nicht orientierungslos dahintreibe. Und man dürfe keine Dankbarkeit erwarten, damit man auch nicht enttäuscht werde, rät Isabelle Derungs. Schliesslich seine Asylsuchende lange hin- und hergerissen zwischen hierbleiben können/wollen und gehen müssen.
Robert Alder
Willi Werren
Ein Künstler bei Jegi-hilft
Dieser Beitrag erschien in der Ausgabe 4/2023 im Jegenstorfer:
Interview mit dem Künstler Willi Werren. Geboren in Mendrisio, lebt er seit rund 40 Jahren unter uns in Münchringen. Als Verantwortlicher Marketing bei den SBB realisierte er verschiedene innovative Projekte, unter anderem die Schaffung von Kinder/Familienabteilen in den Intercity-Zügen. Zurzeit hilft er als Freiwilliger im Kindermuseum Creaviva des Zentrums Paul Klee.
Was bedeutet Kunst, und speziell Deine Kunst, für Dich?
Beeinflusst von allem was mich umgibt und in der arte povera verankert, realisiere ich Bilder, Skulpturen, Installationen und auch „Sprachquadrate“ von traditionellen und auch neu auftauchenden (Mode-)Wörtern und Redewendungen.
Was motiviert Dich bei Jegi-hilft mitzumachen?
Migration beschäftigt mich. Ich selbst bin mit 5 Jahren mit meiner Familie als „Tschinggeli“ in die Deutschschweiz „eingewandert“. Das Thema ist für mich gestalterisch sehr relevant. So habe ich im Rahmen einer Ausstellung im Rotonda-Wald eine aus Hühnerdraht gestaltete Sans-papiers-Familie auftauchen lassen. Kaum sichtbar. Nur dank Mützen und Handy und dem Wippen im Wind erkennbar.
Bei Jegi-hilft gefällt mir, dass hier viele Ansässige sich gegenüber Fremden/Flüchtlingen öffnen, zu verstehen versuchen und helfen. Auch Mal ein feines äthiopische Essen, wie beim letzten Begegnungsabend, das verbindet.
Kurz gefasst: Austausch statt Abgrenzung.
Was stellen Deine Figuren und Bilder dar?
Im Mirjamraum des Kirchgemeindehauses hängt ein in blau-weisser Farbe gehaltener Öldruck von mir. Erkennbar ist ein grosser Zugvogel. Er fliegt unbeirrt in eine Richtung. Bei Menschen ist die Sache mit dem inneren Kompass etwas komplizierter. Aber letztlich sind wir alle irgendwie unterwegs. Das will ich mit meiner Kunst zum Ausdruck bringen.
Was motiviert Dich beim Kindermuseum Creaviva des Klee-Zentrums mitzumachen?
Es ist für mich eine grosse Bereicherung zu sehen wie unterschiedlichste Kinder sich hier ohne grosse Worte unerschöpflich kreativ ausdrücken und austauschen. Im Internet unter „Creaviva“ kann das Angebot konsultiert werden. Besonders das einstündige, offene Atelier mit monatlich wechselndem Thema ist beliebt. Ich habe mich dafür eingesetzt, dass das offene Atelier von Flüchtlingsfamilien kostenlos besucht werden kann.
Deutsch büffeln ist wichtig, aber zwischendurch auch Mal ein persönliches, kleines Kunstwerk gestalten hilft auch, sich hier wohl zu fühlen.
Kreativ und aktuell das Thema im Dezember:
Weihnachtliche Fata Morgana!
Du machst auch Sprachquadrate?
Ja, ich setze Wörter und Sätze ins Bild. Sie bekommen dadurch eine andere Wertigkeit. Werden anders wahrgenommen. Für Jegi-hilft und den Jegenstorfer habe ich gerade ein neues Sprachquadrat gestaltet.
Das Team von Jegi-hilft dankt Dir herzlich für dieses Interview.
Ein Einblick in das Schaffen von Willi Werren sehen wir hier
Von Eritrea nach Jegenstorf
Dieser Beitrag erschien in der Ausgabe 3/2023 im Jegenstorfer: Interview mit Familie Elias
Danke dass du mich zu einem Interview einlädst. Ich heisse Yonas Elias und komme aus Eritrea.
In die Schweiz kam ich im Jahr 2006; ich kam nicht direkt nach Jegenstorf, wo ich jetzt mit meiner Familie lebe. Zuerst verbrachte ich 2 Wochen in Basel und wurde dann nach Vallorbe ins Asyslzentrum verlegt. Nach 2 Wochen kam ich in den Kanton Jura. Dort lebte ich von Anfang 2007 bis Ende Januar 2022.
Ich bin verheiratet und habe 2 Kinder. Der ältere Sohn ist 14 jährig und der jüngere 12. Beide sind in Norwegen geboren und bei meiner Frau aufgewachsen. Es fehlten uns die nötigen Papiere und Unterlagen, um ein Zusammenleben zu ermöglichen. Es dauerte 13 Jahre bis wir wieder vereint waren. Das will nicht heissen dass wir uns während 13 Jahren nie sahen. Ich verbrachte meine Ferien mit meiner Familie, manchmal kamen sie in die Schweiz. Einzig durch Gottes Gnade konnten wir diese Zeit überstehen. Um die erforderlichen Dokumente für den Familiennachzug zu erhalten, musste ich eine Vollzeitstelle haben, und das hatte ich lange Zeit nicht. Meine Frau konnte nicht Vollzeit arbeiten, weil sie die Kinder betreute. Deshalb verging so viel Zeit bis zur Zusammenführung unserer Familie.
Endlich hatte ich einen Vollzeitjob. Meine Familie konnte zu mir ziehen. Zur Zeit als wir nicht zusammen leben konnten, sage ich nur: Es war sehr hart! Es ist ja nicht nur für eine Nacht ohne die geliebte Familie. In dieser Zeit setzte ich wirklich meinen ganzen Glauben in Gott. Und Gott war treu und half mir durch seine Barmherzigkeit und Gnade in allem.
Aus dem Leben der eritreischen Kirche in der Schweiz
Zu deiner Frage betreffend meinem Dienst und meine Erfahrung in der Kirche: Zuerst möchte ich Gott danken für Seine Barmherzigkeit, Seine Gnade und Seine Kraft. Dank dem ist es mir möglich, Ihm zu dienen. Ich begann meinen Dienst in der Living God Church (eritreische Kirche) in Bern. Jedes Wochenende reiste ich von Delemont nach Bern, um mit den Neuankömmlingen in der Bibel zu lesen und ihnen die Texte zu erklären. Ich leitete die Abend-Gebetsgruppe. Ausserdem war ich mit unseren Kirchenmitgliedern unterwegs, um am Bahnhof Bern anderen Menschen Gottes Wort mitzuteilen, damit sie auch Jesus kennen lernen. Jene denen ich die Bibel erklärte, und die zu Jesus fanden, sind nun verheiratet, haben Kinder und dienen ihrerseits in der Kirche. Einige von ihnen sind Aelteste.
Im Jahre 2012 wurde ich mit 2 anderen Mitgliedern der Kirche dazu erwählt, Aeltester zu sein, also wie ein Pfarrer. Das war keine einfache Aufgabe, denn man ist in leitender Position. Ohne Gottes Gnade ist es unmöglich. Um fruchtbar zu sein muss man demütig, geduldig und voller Glauben und Hoffnung auf Gott sein – das ist der Weg!
Binnen kurzer Zeit wuchs unsere Gemeinde von 10-15 auf 300 Gläubige! Einige dienen im Chor, oder als Beter, Diakone, Evangelisten und Lehrer. Wir achten darauf dass sie gut ausgerüstet sind, indem wir sie unterrichten und viele unterschiedliche Kurse organisieren.
Die Mitglieder der eritreischen Kirche in Bern kommen aus den Kantonen Bern, Freiburg und Neuenburg. Im Januar 2017 wurde beschlossen in jeder grösseren Stadt je eine Kirche zu öffnen. Jede Kirche hat Aelteste, Pfarrer, und seither diene ich als Aeltester in der eritreischen Kirche in Biel.
Begegnungsabend jegi-hilft
Dieser Beitrag erschien in der Ausgabe 2/2023 im Jegenstorfer
Kurt Bienz: An einem Donnerstag im Mai treffen sich Geflüchtete und Freiwillige von jegi-hilft zu Austausch und Begegnung. Während den letzten Monaten sind die Beziehungen untereinander gewachsen. So ist es gar nicht einfach die angeregten Gespräche zu unterbrechen. Lydia Baumgartner überbringt die Grüsse und den Dank der Einwohnergemeinde. «Die Zusammenarbeit unter den Partnern der katholischen und reformierten Kirchgemeinden und der Gemeinde funktioniert gut», sagt sie. «Das Engagement der Freiwilligen und die Bereitschaft der neu Zugezogenen, sich auf eine neue Kultur einzulassen, ist stark.»
Karina Pavlova formuliert, was ihr wichtig ist:
Mein Name ist Karina. Mein Sohn und ich haben die Ukraine einen Monat nach Kriegsbeginn verlassen. In diesem Moment flogen Bomben auf die Stadt Charkow, die drei Autostunden von mir entfernt ist. Das hat mich dazu gebracht, alles zu verlassen, was ich hatte. Mit einer Sporttasche und einem kleinen Rucksack gingen wir an einen Ort, an dem wir niemanden kennen und dich niemand kennt.
Warum Schweiz? So Gott entschied.
Warum Jegenstorf? So Gott gesegnet.
In Jegenstorf lebten wir nach der Migration gemeinsam im Haus einer sehr guten Familie. Offene, wunderbare Menschen haben uns empfangen. Dann lebten wir noch bei einer zweiten Gastfamilie. Auch dies eine wunderbare Familie. Beide haben sehr, sehr viel für mich und meinen Sohn Michail getan. Seit Juli letzten Jahres leben wir in einer separaten Wohnung. Und dies dank der Hilfe meiner Schweizer Familien.
Die ganze Zeit, die wir hier sind, treffen wir Menschen mit einem guten Herzen.
Unsere geliebten Deutschlehrerinnen verbringen viel Zeit und Energie damit, uns Schülerinnen bei der Anpassung zu helfen.
Viele Menschen helfen uns und nehmen an unserem Leben teil. Es würde viel Papier brauchen, um alle aufzuzählen.
Und ich will weiter im Namen aller Ukrainer dem Schweizer Volk für Aufrichtigkeit und Mitgefühl danken.
Karina Pavlova
Austausch 22. Juli 2022
Dorfrundgang, 4. Juni 2022
Abend für Gastgebende, 24.Mai 2022
Das Lernfoyer Deutsch von jegi-hilft
Im letzten Jegenstorfer (4/2021) wurde über die Zeit berichtet, als in Jegenstorf bis zu hundert Asylsuchende in der Kollektivunterkunft im Hänni-Areal wohnten und das Dorfbild geprägt war durch viele fröhliche und kontaktfreudige Menschen aus vielen Ländern, vorwiegend Eritrea, Afghanistan und dem Iran. Geblieben in Jegenstorf sind ein paar wenige Leute, welche nach der Schliessung der Unterkunft hier eine Wohnung finden konnten und solche, welche wieder nach Jegenstorf zogen. Geblieben und seither weiter ausgebaut oder neu hinzugekommen sind Angebote von Freiwilligen von jegi-hilft zugunsten von Geflüchteten und anderen Unterstützung suchenden Menschen. Eines dieser Angebote ist das Lernfoyer Deutsch.
Was ist das Lernfoyer Deutsch?
Auf der Internetseite www.jegi-hilft.ch/lernfoyer-deutsch/ bieten freiwillige Helferinnen und Helfer Interessierten in der Regel wöchentlich einen Rahmen, um mit ihnen die deutsche Sprache zu üben und anzuwenden. Das Lernfoyer erteilt keine Deutschkurse, sondern versteht sich als unterstützendes Angebot für Erwachsene beim Erlernen der deutschen Sprache. Es wird Raum geschaffen, die deutsche Sprache zu sprechen, sie einzuüben, in der Schule Gelerntes zu vertiefen und auf bevorstehende Prüfungen hin zu arbeiten.
Gerne dürfen alle mit fremdsprachigem Hintergrund vorbeikommen.
Gegenwärtig besuchen durchschnittlich drei bis vier Personen jeden Montag von 19:30 bis 21:00 Uhr das Lernfoyer im Kirchgemeindehaus Jegenstorf. Dort werden sie von den Freiwilligen 1:1 betreut.
D.h. eine Helferin, ein Helfer betreut eine Person während 90 Minuten und kann sich ungeteilt dem Sprachtraining eines Besuchenden widmen. Ist das Bedürfnis da, einfach sprechen zu können, redet man über ein bestimmtes Thema oder frei miteinander. Ist Hilfe nötig bei den Hausaufgaben werden, diese zusammen erledigt. Auch Probleme oder Unklarheiten im nicht einfachen Alltag der Geflüchteten werden besprochen.
Vertrauensvolle Beziehungen
Diese regelmässigen wöchentlichen Treffen sind gerade auch für Personen ohne Arbeit eine willkommene und wertvolle Abwechslung. Durch die regelmässigen Kontakte entstehen vertrauensvolle Beziehungen, welche von Wertschätzung und Dankbarkeit geprägt sind.
Auch vor dem Lernfoyer hat Corona nicht Halt gemacht und verhinderte eine Zeit lang das wöchentliche Treffen am Montagabend im Kirchgemeindehaus. Die Not macht bekanntlich erfinderisch, und so überbrückten wir die Zeit, indem wir unsere Lernenden zu Hause besuchten oder diese zu uns nach Hause kamen. Diese Form machte es auch möglich, dass man sich anstelle montagabends an einem anderen Wochentag zu einer x-beliebigen Zeit treffen konnte.
Schreibdienst
Haben die Besucher besondere Anliegen im Zusammenhang mit Behörden oder der Suche nach Arbeit, leistet der Schreibdienst von jegi-hilft wertvolle Unterstützung. Gerne weisen wir unsere Besuchenden dann jeweils auf dieses Angebot hin.
Tandems
Es haben sich aber auch fixe Tandems gebildet, welche nur in losem Kontakt zum Lernfoyer arbeiten. So unterstützt ein Freiwilliger in mehr oder weniger regelmässigen Abständen einen Mann, der sehr zielstrebig an seiner sprachlichen und beruflichen Integration arbeitet, je nach dessen Wunsch und Bedürfnis.
Ein anderer Freiwilliger trifft sich praktisch wöchentlich mit einem jungen Mann, welcher eigentlich keine sprachliche Hilfe mehr benötigt und erfolgreich eine Ausbildung abgeschlossen hat. Hier ist eine Freundschaft aus den regelmässigen, zweckbestimmten Treffen entstanden, welche nun gepflegt wird und für beide Seiten bereichernd ist.
Grosse Unterschiede
Es gibt extreme Unterschiede bei der Fertigkeit des Erlernens der deutschen Sprache. Da sind Geflüchtete, welche sich innert ein paar Monaten enorme Kenntnisse aneignen können. Sie konjugieren was das Zeug hält, kennen bereits verschiedene Zeitformen und der Wortschatz ist schon recht gross. Sie können fliessend lesen und verstehen mehrheitlich was sie lesen oder hören. Da gibt es aber auch diejenigen, welche sich schwer tun beim Erlernen der deutschen Sprache. Auch nach Jahren hapert es mit dem Lesen, dem Formulieren von vollständigen Sätzen mit Subjekt, Verb und Objekt. Da ist echter Durchhaltewille gefragt, sowohl bei den Lernwilligen als auch bei den Freiwilligen. Denn das ist allen klar, ohne ein gewisses Sprachniveau erreicht zu haben wird es schwierig, eine Arbeit zu finden oder einen Ausbildungsplatz zu ergattern. Es ist bewundernswert, wie gerade diese Gruppe hartnäckig dranbleibt und diese schwierige Zeit einfach aushält und nicht aufgibt. Und so können wir uns dann gemeinsam mit den Deutsch Lernenden freuen, wenn dann (endlich) ein erstes Sprachzertifikat geschafft ist oder eine Bewerbung auf eine Arbeits- oder Praktikumsstelle erfolgreich gewesen ist.
Fazit
In den vergangenen Jahren konnten so schon etliche Geflüchtete dank unermüdlichem Einsatz wirtschaftlich selbständig werden.
Was nicht vergessen werden darf: Die verschiedenen Angebote von jegi-hilft leisten nebst ihren verschiedenen konkreten und wertvollen Diensten einen vielleicht noch viel wichtigeren Beitrag: Sie vermitteln den Teilnehmenden das gute Gefühl, bei uns in der Schweiz und in Jegenstorf willkommen zu sein, auf unsere Hilfe zählen zu können und ein Teil unserer Gesellschaft zu sein.
In Zukunft soll nebst den Geflüchteten auch unter anderen Menschen mit nicht-deutschem Sprachhintergrund das Angebot besser bekannt gemacht werden. Vielleicht erzählen Sie jemandem von dieser Möglichkeit hier vor Ort in Jegenstorf? Auch Interessierte, welche gerne im Lernfoyer mithelfen möchten sind herzlich willkommen.
Lernfoyer Deutsch jeden Montag, 19.30 – 21.00 Uhr im Kirchgemeindehaus Jegenstorf
Daniel Keller- Artikel erschien im Jegenstorfer 1/2022
Jegenstorfer Dezember 2021
jegi-hilft unterstützt Geflüchtete in Jegenstorf
Sie erinnern sich vielleicht an 2016, als die Schweiz sehr viele Flüchtlinge aufnahm und in verschiedene Regionalzentren verteilte. Die Gemeinde Jegenstorf konnte das leerstehende Hänni-Areal als Unterkunft für bis zu 100 Asylsuchende bereitstellen und die Bevölkerung wurde zu einer Informationsveranstaltung im Kirchgemeindehaus eingeladen. Das Interesse war sehr gross. Es gab viele Fragen: sowohl Ablehnung, Skepsis und Ängste, als auch Interesse, Offenheit und Hilfsbereitschaft. Die Verantwortlichen klärten umfassend auf und so kam es, dass ab Mai 2016 fremdartige Menschen das Dorfbild veränderten. Da die Kollektivunterkunft (im Gegensatz zu anderen Orten) nicht in unterirdischen Räumen eingerichtet wurde, kamen eher Familien, Frauen und Kinder zu uns.
Gegen 60 JegenstorferInnen erstellten unter der Leitung der Einwohnergemeinde und der beiden Kirchgemeinden ein Hilfsnetz mit dem Namen jegi-hilft, welches ein gutes Zusammenleben und sich Zurechtfinden ermöglichte. Es gab Dorfrundgänge mit den Neuankommenden; ein Begegnungskaffee und ein Deutschlernforum im Kirchgemeindehaus; Abgabe von Kleidern, Haushalt- und Kindersachen und anderem im Theresaladen; Sport-, Spiel- und weitere Angebote; ebenso Beschäftigungsprogramme wie z.B. Dorf- und Waldputzeten. Man lernte sich gegenseitig kennen und winkte sich im Dorf bald freundlich zu.
In der Kollektivunterkunft war ein Kommen und Gehen: während die einen wieder weg mussten, erhielten andere Aufenthaltsbewilligungen und sahen sich nach privatem Wohnraum und Arbeit um. Viele wollten am liebsten in Jegenstorf bleiben, weil sie hier Beziehungen und gute Aufnahme gefunden hatten.
Seit das Flüchtlingszentrum nach 18 Monaten zuging, gibt es für jegi-hilft neue Aufgaben.
Das Begegnungscafé wurde wegen der Pandemie geschlossen, das Lernfoyer wird immer noch gerne genutzt, die Schreibstube (siehe Jegenstorfer Nr. 2/21), ist die beliebte Anlaufstelle für Schriftliches.
Jede Familie oder Wohngruppe hat freiwillige Begleitpersonen, die bei der Wohn- und Arbeitsintegration beistehen, bei Betreuungsplätzen und Einschulung der Kinder oder im Verkehr mit Ämtern und vielem anderen helfen. Aus den sogenannten Wohntandems sind heute eher Freundschaften geworden.
Ein Beispiel von gelingender Integration
Das tibetische Paar war seit der Eröffnung des Asylzentrums 2016 in Jegenstorf, die beiden fielen uns durch ihre Freundlichkeit und Offenheit auf und sie nahmen dankbar an den Angeboten von jegi-hilft teil. Im November 2016 wurde ihr 1. Kind geboren, das winzige Zimmer wurde entsprechend eingerichtet, aber als ihr Asylantrag bewilligt wurde, waren sie sehr froh, bald ihre erste kleine Wohnung zu finden, wo sie etwas mehr Ruhe und Privatsphäre hatten.
Das Paar lernte eifrig deutsch und konnte sich bald so weit verständigen, dass die Arbeitsintegration beginnen konnte.
Als das 2. Kind kam, brauchten sie mehr Platz und fanden mit Hilfe ihres Schweizer Begleitpaares eine etwas grössere Wohnung.
Dieses Wohntandem ist wesentlich bei der erfolgreichen Integration, gibt es doch immer wieder Hürden zu überwinden, wo Beistand nötig ist; sei es im Verkehr mit Ämtern, den Finanzen, bei Krankheit oder Unfall und vielem weiteren. Auch die Kommunikation mit dem zuständigen Hilfswerk ist nicht immer einfach, die Erreichbarkeit und Zuständigkeit nicht optimal, die Regeln nicht immer einsichtig.
Den Kindern geht es gut, sie werden liebevoll erzogen. Die Ältere geht in den Kindergarten und beide sind mit der Kita vertraut, um Kontakte zu haben und deutsch zu lernen. Während das Mädchen recht schüchtern ist, ist der Bub offen und lebhaft.
Die Frau konnte ein Praktikum in einer Reinigungsfirma anfangen, wo es ihr gefällt und auch die Arbeitgeberin zufrieden ist.
Der Mann hat Integrationskurse und Praktika hinter sich und ist nun im 2. Jahr der Kochlehre EBA im benachbarten Alterswohnsitz.
Auch wenn die Wohnung liebevoll mit Bildern aus Tibet geschmückt ist und die Geflüchteten schon Heimweh haben, schauen sie vorwärts und sehen hier ihre Zukunft. Sie betonen, dass sie sich hier in Jegenstorf wohl fühlen und sehr dankbar sind für die gute Aufnahme und für alle Unterstützung, insbesondere von ihrer Tandemfamilie, ohne die sie vieles nicht geschafft hätten und die fast wie ihre Schweizer Eltern sind.
Lisalotte Dworzak, abgedruckt im Jegenstorfer Dezember 2021
Anmeldung per E-Mail:
Ihre Anmeldung erachten wir als verbindlich – mit Angabe Name/Vorname, Adresse, Telefon und E-Mail mit Vermerk im Betreff Jegenstorf 25.11.2023
zu senden an: isabelle.derungs@fluechtlingshilfe.ch / Tel. +41 (0)77 469 06 23
bis spätestens 20. November 2023
Lernfoyer Deutsch
jeden Montag, 19.30 bis 21.00 Uhr
Kirchgemeindehaus Jegenstorf
Schreibdienst
jeden Dienstag in den geraden Kalenderwochen
17:15–19:15 Uhr
Franziskushaus